Konstellation Saturn-Jupiter

 

Beim Jupiter-Saturn geht es, wenn wir das auf den Tierkreis übertragen, also im Sinne von Schütze und Steinbock, um die Schnittstelle des MC. Diese beiden Tierkreisprinzipien, Schütze und Steinbock, liegen rechts und links des MCs. Saturn-Jupiter ist also diejenige Konstellation, die sich um den MC und damit um den höchsten Punkt im Horoskop rankt. Wir haben hier im Sinne der Schnittstelle die Verbindung zwischen Gott und Mensch - Saturn und Jupiter, Saturn als vierter Quadrantenrepräsentant, Jupiter als höchstentwickelte Instanz des Menschlichen - beziehungsweise die Schnittstelle zwischen Himmel und Erde. Aus menschlicher Sicht betrachtet muss hier an dieser Schnittstelle innerhalb von Jupiter-Saturn der Versuch unternommen werden, oben und unten, Mensch und Gott, Erde und Himmel, in eine Verbindung zu bringen. Und dies wird auch in der Regel mit dieser Konstellation versucht - ob das von Erfolg gekrönt ist und in welcher Form das geschieht, das können wir natürlich vorab aus der Konstellation direkt selber alleine nicht ableiten. Aber dieser Versuch wird normalerweise hier immer unternommen.
 
Insofern geht es hier, wenn wir das Wesensbild betrachten wollen, um die zehn Gebote. Das ist ein Bild, natürlich austauschbar auf andere, überpersönliche Gesetzmäßigkeiten oder auf Naturgesetzmäßigkeiten bezogen, die also Regeln beinhalten sollen, die nicht direkt vom Menschen selber gemacht worden sind, sondern die universellen, unteilbaren Charakter haben. Die zehn Gebote sind jetzt ein Begriff aus dem christlichen Bereich und können übertragen werden auf andere Religionen oder Kulturen und sollen im Grunde genommen universell austauschbar sein. Das heißt, was in den zehn Geboten von Menschen erdacht, sozusagen geschrieben steht, hat universellen, allgemeingültigen Charakter.
 
Es geht hier, wenn man dieses Bild der zehn Gebote in einen Inhalt bringen möchte, um die Suche nach der Wahrheit. Wobei diese Suche bei Saturn-Jupiter häufig ein Leben lang anhält. Und diese Suche, weil sie ein Leben lang anhält, dann auch bedeuten muss, dass das, was gesucht wird, nicht wirklich gefunden werden kann. Das heißt also im Grunde genommen nichts anderes, als dass die Suche nach Wahrheit, die ein Leben lang anhält, dazu führt, dass in der Form eine Überzeugung entsteht, die prinzipiell immer anzweifelbar ist. Es gibt eine sehr schöne Formulierung in Bezug auf das, was Wahrheit aus menschlicher Sicht ist, und die lautet: die Wahrheit ist nur der im Moment nicht widerlegbare Irrtum.
 
Dieser Spruch stammt mit Sicherheit aus dem Gedankenkreis eines Jupiter-Saturn-Menschen. Denn der weiß, dass es im Grunde genommen niemals, selbst wenn man sich auch noch so anstrengen mag im Leben, zu der Situation kommen wird, dass man die Wahrheit – und nichts als die Wahrheit – in purer Form vorfindet. Sondern wir haben es bei Saturn-Jupiter immer mit einer merkwürdigen Mischung aus Suche nach Wahrheit und dem latenten Anzweifeln dessen, was man gefunden hat, zu tun. Insofern entwickelt sich bei Saturn-Jupiter immer eine gewisse Grundtendenz zum Pessimismus. Beziehungsweise wir haben dann das Verhaltensbild des sogenannten pessimistischen Zweiflers. Was nicht unbedingt im Normalfalle bedeuten muss, dass das ein lebensuntauglicher Mensch wird, der also nur noch von seinen düsteren Gedanken im Sinne der Melancholie - das ist ein wichtiger Begriff für Jupiter-Saturn - geplagt wird. Aber wir können durchaus sagen, dass die bewusste oder unbewusste, zum Teil verzweifelte Suche nach dem Sinn doch nur schwerst zu einem Erfolg oder besser gesagt, in dem Falle zu Teilerfolgen führt.
 
Woran ein Saturn-Jupiter-Mensch leidet, ist vor allen Dingen die Tatsache, dass er den Sinn des Leidens nicht findet. Wenn ich leide, dann ist das Leiden eines. Auf der anderen Seite, wenn ich weiß, warum ich leide, also welchen Sinn das überhaupt macht - nicht woran ich leide, sondern warum ich leide - dann habe ich eine gewisse Erleichterung. Aber das Leid hier bei Jupiter-Saturn kreist sozusagen um sich selbst. Hier leidet man an der Sinnlosigkeit des Leidens. Ich möchte hier nicht in irgendwelche philosophischen oder irgendwelche an den Haaren herbeigezogenen Formulierungen verfallen, aber so wie ich es eben gesagt habe, man leidet an dem sinnlosen Leiden, so kann man das wirklich bei vielen Jupiter-Saturn-Menschen feststellen. Im Grunde genommen haben wir es hier mit dem Bild der Glaubenskrise zu tun. Also einer Krise, in der der Mensch nicht mehr in der Lage ist - also im Extremfalle nicht mehr in der Lage ist - an etwas zu glauben, was dann auch bedeutet, dass er die Hoffnung verliert.
 
Wenn wir das auf die frühkindliche Situation übertragen, dann gibt es zwei Möglichkeiten. Entweder wird von den Eltern die geistige Welt - das wäre dann symbolisiert durch den Jupiter - sehr, sehr hoch gehandelt. Das heißt, das Kind wird möglicherweise sogar gezwungen, sich mit hochtrabenden geistigen Inhalten zu beschäftigen, obwohl es das vielleicht selber gar nicht will - beziehungsweise auch das Gegenteil ist der Fall, dass die Eltern dem Kind den Umgang mit dem Geistigen an sich verbieten. Da gibt es dann solche Vorfälle, wenn zum Beispiel die Eltern dem Kind ein Verbot aussprechen, in die Kirche zu gehen. Die Kirche als ein Bereich der geistigen Betätigung ist dann durchaus das entsprechende Hoheitsgebiet, das nicht betreten werden darf. Oder auch ein ausgeprägter Wunsch nach Bildung, der in dem Kind mit Saturn-Jupiter auch innewohnen mag, dem wird dann eventuell nicht entsprochen. Das heißt, da hört das Kind dann vielleicht: Wehe, du gehst auf die Universität und lernst irgendeinen Blödsinn, du machst was Handfestes, du wirst Schreiner. – Gut, dagegen ist nichts zu sagen. Also, ich habe beileibe nichts gegen den Schreinerberuf, geschweige denn gegen irgendeinen anderen Beruf. Nur muss man das aus der Sicht des Kindes sehen, das einen Wunsch nach hoher Bildung möglicherweise bewusst oder unbewusst in sich trägt.
 
Da wäre das Kind dann geistig vollkommen unterfordert, beziehungsweise müsste sich schon fürchterlich anstrengen, um beim Drechseln eines Stuhls auf entsprechende philosophische Gedanken zu kommen und dann einen Stuhl mit einem hohen geistigen Wert zu bauen. Also derartige Dinge sind in dem Falle wirklich an den Haaren herbeigezogen und können vom normalen Menschen, von dem wir erst mal ausgehen, nicht bewältigt werden. Es kommt sehr darauf an, wie die Konstellation zwischen Eltern und Kind gegeben ist. Ob das Kind einen geistigen Anspruch hat und der wird ihm erfüllt, beziehungsweise man muss diesen Anspruch vielleicht sogar übererfüllen - oder ob dieser Anspruch seitens der Eltern nicht erfüllt wird.
 
Oder die andere Variante, dass das Kind überhaupt keinen geistigen Anspruch hat und von den Eltern aber in eine geistige Richtung gedrängt wird. Nach dem Motto: wehe, du machst nicht das Abitur und wirst Doktor, Professor Doktor Soundso. Das ist natürlich auch eine Variante, die möglich ist. Das ist in jedem Falle also zu eruieren, wie das in der frühkindlichen Situation ausgesehen hat. Vor allen Dingen dann, wenn die Saturn-Jupiter-Konstellation in einem Horoskop an einer sehr herausragenden Stelle steht. Das heißt also, in der Hierarchie der gesamten Anlagestruktur, wie wir später bei Deutungskonzepten noch genauer besprechen werden, wie diese Konstellation in der gesamten Anlagestruktur steht.
 
In jedem Falle ist es so, dass die geistige Welt und die geistige Vorstellungskraft in der Regel als die Grundlage für menschliche Weiterentwicklung angesehen werden kann. Und wenn diese geistige Vorstellungskraft, auch im bildlichen, anschaulichen Sinne durch den Jupiter symbolisiert, hier durch Saturn eine frühkindliche Blockierung erfährt, dann haben wir es oft mit Menschen zu tun, die auf ihrem Lebensweg größte Ängste haben, sich weiterzuentwickeln. Beziehungsweise auch oft in einen Entwicklungsnotstand geraten und aus diesem Entwicklungsnotstand nicht mehr herauskommen. Daraus resultieren dann Zukunftsängste. Es existiert eine grundsätzlich pessimistische Haltung, die wir vorhin schon beim Verhaltensbild kurz angerissen haben. Und da kommt es dann drauf an, ob man sich dieser Situation hingibt, also die Konstellation in der Hemmung auslebt, also nichts dagegen tut, oder ob man beginnt zu kompensieren. Es gibt Menschen, die kompensieren bei dieser Konstellation sogar auf sehr skurrile Art und Weise.
 
Ich erinnere mich an eine Frau, die bereits einen Professortitel und zwei Doktortitel hatte. Die Frau war Ende 50. Sie war nicht nur Professorin und Dozentin an der Freien Universität in Berlin, sondern auch noch eingetragene Studentin. Sie studierte immer noch andere Fächer weiter. Das heißt sie hörte gar nicht auf zu lernen. Das ist so wie so ein Wasserhahn, den man nicht reparieren kann und der weiter tropft. Sie hörte gar nicht auf zu lernen. Und das Skurrile daran war, dass sie sogar von ihrer Mutter, vor der sie diese Art der Lernkompensation eigentlich fortführt, nachmittags von der Universität teilweise abgeholt worden ist. Die Mutter war schon Ende 80. Und stand dann auf wackeligen Knien vor der Eingangstür der Freien Universität und holte ihre Tochter immer noch ab. Möglicherweise auch um zu prüfen, ob sie denn richtig gelernt hatte. So eine Geschichte habe ich noch nie gehört gehabt, und das ist sicherlich eine einmalige Geschichte. Insofern kann sich das auch vor mir wahrscheinlich nicht wiederholen. Aber es ist doch eine Erwähnung wert gewesen.
 
Des Weiteren ist sehr wichtig, eine gewisse psychologisch nachweisbare Erkrankungsform zu erwähnen. Diese taucht zwar in dieser reinen Form in der heutigen Welt nur noch relativ selten auf, ist aber prinzipiell dazu geeignet, psychologische Probleme, die in Saturn-Jupiter liegen, zu erklären. Es handelt sich hierbei um die sogenannte ekleseogene Neurose. Das ist eine neurotische Erkrankungsform, die in der Mitte des 19. Jahrhunderts entdeckt worden ist, und zwar vor allen Dingen bei Menschen, die konfessionell sehr stark gebunden gewesen sind. Zum Beispiel vornehmlich bei katholischen Priestern, wo das Gebot des Zölibats, der Enthaltsamkeit, zu starken seelischen Problemen und Drucksituationen geführt haben. Sodass diese Menschen sich dann teilweise entsprechenden Ärzten oder Psychiatern oder auch tiefenpsychologischen Therapeuten anvertraut haben.
 
Auch C. G. Jung hat von derartigen Phänomenen sehr ausführlich berichtet. Und seit C. G. Jung ist gerade diese ekleseogene Neurose als ein neurotischer Formenkreis in der Psychiatrie und Psychologie bekannt, der immer bei denjenigen Leuten auftaucht, die ihr seelisches Problem im Grunde genommen zurückführen können auf eine bestimmte stark konfessionelle Ausrichtung. Aber in dem negativen Sinne, dass die Glaubensinhalte hauptsächlich aus Verboten und nicht aus liebesspendenden Geboten bestehen. Die ekleseogene Neurose taucht heute in dieser reinen nachweisbaren Form tatsächlich nur noch in diesem Berufs- oder Standeskreis von Priestern auf und ist insofern in diesem Kreis gar nicht selten. Aber bezogen auf die Gesamtbevölkerung ist das eine relativ unscheinbare Angelegenheit. Dennoch, wie gesagt, eignet sie sich sehr gut, das Problem des überwertigen Glaubens und der daraus resultierenden emotionalen Störungen, die auch sehr gravierend sein können, zu beschreiben.
 
Letztlich sei dann noch erwähnt, dass Saturn-Jupiter im Grunde genommen auch als Bild die Einengung darstellt. Das heißt wenn wir den Schützen als das Selbstvertrauen in die eigene innere Weite, in die Expansionsfähigkeit, in die Fähigkeit, sich weiterzuentwickeln, verstehen wollen, dann haben wir durch Saturn hier eine Herausforderung, in dem Sinne, als diese weite Landschaft des Horoskops hier sehr bedroht wird. Das heißt sie wird von der Weite in die Enge zusammen gedrängt. Und in dem Sinne entsteht die Angst, der Welt im geistigen Sinne nicht mehr Herr werden zu können. Man trägt hier ein Angstpotenzial in sich, das aus einer inneren Verengung, aus einer analytischen Verengung heraus entsteht.
 
Saturn-Jupiter, auch ein bisschen ähnlich wie Jungfraumerkur-Saturn, haben ein sogenannt analytisch verengtes Lebensgefühl in sich. Und Verengung, beziehungsweise Bedrängung, ist gleichzusetzen mit Druck. Und Druck erzeugt in der Regel immer Ängste. Daher trägt diese Konstellation mehr Angstpotenzial in sich, als man normalerweise annehmen kann. Ein geistiger Konflikt kann sehr wohl auch – sehr wohl auch – zu einem emotionalen Angstkonflikt werden. Welcher Art dieser Angstkonflikt dann genauer ist, das muss man natürlich aus dem gesamten Horoskop schlussfolgern und ist so in diesem Sinne nicht direkt in Jupiter-Saturn beschreibbar.
 
Die Angst fließt hier in der Regel in das ein, was wir unter Dogma verstehen. Also in eine geistige Erstarrung, aus der man sich aus eigener Kraft in der Regel nicht befreien kann. Bei Jupiter-Saturn ist oft nur das wahr, was wahr sein darf. Und man ist hier sehr oft ängstlich geneigt, sich selber als den eigenen absoluten Maßstab, auch im geistigen Sinne, zu sehen. Das heißt im geistigen Sinne dreht sich alles um meine eigene Anschauung, und die versuche ich möglicherweise, auch im Sinne eines Kreuzritters, einer entsprechenden Kreuzrittermentalität, auf andere zu übertragen.
 
Sie müssen unbedingt versuchen, in entsprechenden astrologischen Gesprächen mit Saturn-Jupiter-Menschen herauszufinden, wie weit diese Tendenzen, die zum Beispiel sich dann auch in einem Verhaltensbild von zum Beispiel Rechthaberei zeigen, wie weit derartige Dinge sich da schon im Leben breitgemacht haben. Wenn jemand sagt: ja, ich bin durchaus jemand, der, wenn es drauf ankommt, absolut rechthaberisch ist, sogar teilweise wider besseres Wissen - dann haben Sie eine Saturn-Jupiter-Konstellation vor sich, die noch nicht weit entwickelt ist. In so einem Falle werden sich auch entsprechende klassische medizinische Symptome, wie zum Beispiel Störungen in der Leber, entsprechende Leber-Leiden, möglicherweise auch das Symptom der Gelbsucht, schon ergeben haben. Aber diese astromedizinischen Hinweise, die sind jetzt im Moment noch nicht so wichtig - ich will sie nur teilweise als Erläuterung mit dazugeben. Damit werden wir uns später innerhalb der astrologischen Medizin natürlich noch sehr genau auseinanderzusetzen haben.