11. Lebensprinzip / WASSERMANN / URANUS / FELD 11

 

Der Wassermann ist die vorletzte Stufe des Tierkreises. Das bedeutet, dass wir uns dem Ende der menschlichen Reise durch den Tierkreis nähern. Wir nähern uns dem Ende des Ablaufes, dem das Leben ständig unterworfen ist. Dieser Ablauf, von Anfang bis Ende, war durch eine wellenförmige Bewegung gekennzeichnet, durch das Entstehen des Egos im körperlichen Bereich, im seelischen Bereich und im geistigen Bereich. Dann dem Verebben dieser Bewegung, das heißt der Reduzierung des Egos im vierten Quadranten, begonnen mit dem Steinbock durch das Prinzip der Reduzierung auf das Wesentliche, sozusagen dem Verlust aller Subjektivität, die jetzt im Wassermann-Prinzip, der vorletzten Stufe des Tierkreises, vehement vorangetrieben wird.

 

Die eigentliche Entsubjektivierung, die eigentliche Auflösung aller Subjektivitäten und damit des menschlichen Egos und der Empfindungsfähigkeit nimmt jetzt im Wassermann einen dramatischen Verlauf. Zumindest wenn man das aus der Sicht des Lebendigen, des Egos sieht. Das ist aber auch notwendig, weil es ist sozusagen fünf vor zwölf, es ist die vorletzte Stufe des Tierkreises. Und in den Fischen muss die große Aufgabe, wenn man es psychologisch oder meditativ sehen möchte, bewältigt worden sein, dass das Ego wieder in die entsprechende Welt zurückgeführt ist, in die es gehört. Beziehungsweise dass man sagen kann, das Ego ist so weit reduziert, dass es keine Rolle mehr spielt, zum Beispiel im Sinne einer Behinderung des Menschen auf seinem transzendenten Weg.

 

Die Fische werden letzten Endes nichts weiter als die Vollendung des Wassermann-Prinzips darstellen. Der Wassermann, der generell ständig in einer Bewegung weg vom Leben ist – dazu gleich noch mehr – wird irgendwann die Bewegung enden lassen. Und wenn die Bewegung des Wassermanns beendet ist, dann haben wir den Zustand des Fisches. Bewegung und Zustand sind auch zwei Gegenpole. Im Begriff „Zustand“ ist Bewegung nicht mehr enthalten - wenn die Bewegung verebbt ist, dann ist ein entsprechender Zustand erreicht. Und es ist auch später selbst für fortgeschrittene Astrologen relativ schwer, den wirklichen Unterschied zwischen dem Ende des Wassermannes und dem Beginn des Fisches noch zu benennen. Denn im Grunde genommen ist das Ende des Wassermanns gleichbedeutend und identisch mit den Fischen.

 

Der Tierkreis hat jetzt nur noch eine kurze Wegstrecke vor sich, das heißt es gibt nur noch wenige Möglichkeiten für den Menschen, zur Vollkommenheit oder zur Transzendenz oder ins Metaphysische zu gelangen - wie auch immer man das alles nennen möchte. Der Wassermann tut allerdings, nachdem der Steinbock die Vorbereitung im Sinne der Konzentration auf die wirklich wesentlichen Dinge gelenkt hat, ein Übriges. Und das, was den Wassermann im Kern charakterisiert, was also im Kern ausdrückt, dass der Versuch unternommen wird, den Menschen aus der Verfangenheit der subjektiven Lebensumstände zu befreien, dieses Prinzip, was jetzt im Kern enthalten ist, nennen wir astrologisch die Entpolarisierung. Oder als Vorgang beschrieben: das Aufheben von Gegensätzen in der dualen Welt.

 

 

Die Welt ist dual oder polar angelegt. Das heißt sie ist voller Gegensätze. Es gibt den Tag und die Nacht, es gibt den Mann und die Frau, es gibt oben und unten. Alles das sind Gegensätze, und im Sinne des Steinbocks könnte man sagen, alles das ist Hierarchie. Daher ist die Welt, die aus Gegensätzen beziehungsweise Dualität zusammengesetzt ist, eine Welt, in der eben nicht nur Gegensätze, sondern auch eine bestimmte Ordnung besteht. Diese versucht aus sich heraus, im Sinne der steinböckischen Ordnung, sich zu erhalten. Die Ordnung des Steinbocks ist keine labile Ordnung, sondern es ist eine feste Ordnung. Anders ausgedrückt: Es ist Struktur.

 

Wenn nun Aufhebung von Gegensätzen im Kern des uranischen Prinzips enthalten ist, dann muss das bedeuten, dass irgendetwas mit der Struktur der Dinge, irgendetwas mit der Ordnung der Dinge, irgendetwas mit der Hierarchie der Dinge geschieht. Das was hier geschieht, ist – insbesondere aus der Sicht des Steinbocks – ein sehr dramatischer Vorgang. Denn das Wassermann-Prinzip, möglicherweise in der Kenntnis, dass es die vorletzte Stufe im Tierkreis darstellt, hat nicht mehr viel Zeit, um das Werk zu vollenden. Und so muss jetzt Hierarchie zerstört werden. Das ist das Allererste, was als Vorgang zu beschreiben ist, wenn man sich darüber im Klaren zu werden versucht, was Entpolarisierung oder Aufhebung von Gegensätzen bedeutet.

 

Aufheben von Gegensätzen führt dazu, dass Hierarchien, also dass das Prinzip von oben und unten, aufgehoben werden. Vernichtet werden. Der Wassermann zerstört Hierarchie. Das heißt aber nicht - und das ist ganz wichtig auch fürs spätere Verstehen von Wassermann oder uranisch betonten Menschen - das heißt nicht, dass deshalb die Ordnung zerstört wird. Aber es wird in dem Sinne Hierarchie zerstört, als ob oben und unten nicht mehr existieren, sondern alle Dinge sozusagen auf der Waagerechten oder der Horizontalen einen nebeneinander gleichberechtigten Platz bekommen. Aber die einzelnen Teile des Lebens, die jetzt nicht mehr oben oder unten, sondern sich nur noch nebeneinander in der Waagerechten, Horizontalen befinden, haben immer noch eine innere Struktur und Festigkeit.

 

Manchmal glauben Astrologietreibende, dass der Wassermann die Festigkeit oder die Struktur der Dinge vernichtet. Dem ist nicht so. Das einzige, was der Wassermann im Sinne der Entpolarisierung, im Sinne des Aufhebens von Gegensätzen, vernichtet, ist die Hierarchie der Dinge. Das bedeutet, dass er Gegensätze verschwimmen lässt, beziehungsweise die Vorbereitungsstufe für das darstellt, was wir Einheit nennen. In der Einheit der Dinge, ein metaphysischer, meditativer Begriff, gibt es keine Gegensätze mehr. Die Einheit ist das Reich, das frei von Gegensätzen ist, frei von Dualität.

 

 

In diesem Sinne muss, weil der Wassermann auch eine Bewegung darstellt, die Bewegung des Wassermännischen verstanden werden als ein sich entfernen aus dem Reich der Dualität. Wenn man den Begriff des „sich Entfernens“ oder auch den Begriff der „Distanz“ oder der „Distanzierung“ genauer beleuchtet, dann wird klar, dass je weiter man sich von einem Gegenstand entfernt, beziehungsweise je größer die Distanz zu einem Gegenstand ist, dass er sozusagen umso kleiner wird und dass die Einzelteile des Gegenstandes, wenn er sich aus mehreren zusammensetzt, immer weniger deutlich sichtbar sind.

 

Ein ganz einfaches Beispiel ist, wenn Sie im Flugzeug sitzen, das Flugzeug startet und von der Landebahn abhebt. Wenn es sich auf Distanzkurs zum Boden bewegt, dann werden Sie den Flughafen sicherlich noch gut erkennen können, wenn das Flugzeug 10, 20, 50, 100 Meter hoch ist. Sie können die Menschen erkennen, die dort herumlaufen, die anderen Flugzeuge, die da stehen. Aber wenn das Flugzeug 500 oder 1.000 Meter hoch ist, dann wird der Flughafen schon relativ undeutlich zu sehen sein. Sie werden die Menschen nicht mehr erkennen können, Sie können nur noch schemenhaft die Flugzeuge sehen, die dort stehen. Und wenn Sie 2.000 Meter hoch sind, dann können Sie den Flughafen nicht mehr sehen. Sie können höchstens noch die Umrisse der Stadt erkennen, aus der Sie heraus gestartet sind. Und wenn Sie noch höher fliegen, dann können Sie noch nicht mal mehr die Stadt erkennen, sondern eventuell noch Umrisse des entsprechenden Landes. Oder wenn Sie sehr hoch fliegen und die Sicht entsprechend ist, vielleicht Umrisse des Kontinents, über dem Sie sich gerade bewegen.

 

Das heißt je größer die Distanz ist, je weiter Sie entfernt sind vom Leben, umso weniger können Sie die Gegensätzlichkeit des Lebens erkennen. Und deshalb ist die Bewegung, die zur Entpolarisierung und zur Aufhebung von Gegensätzen gehört, die Bewegung des sich Entfernens, beziehungsweise das Prinzip der Distanz. Im Sinne der Psychologie haben wir es hier mit einem Fluchtmechanismus zu tun, also mit dem Prinzip des Fliehens aus einem Zentrum, das möglicherweise auch Gefahr in sich birgt.

 

Fliehen aus dem Zentrum beinhaltet auch das Prinzip der Zentrifuge. Und so ist die Bewegung des Wassermännischen im Grunde genommen die Zentrumsflucht. Vernichtung der Hierarchie führt aber, wie gesagt, nicht dazu, dass die Ordnung der Dinge, dass die Struktur und die Festigkeit der Dinge vernichtet wird, sondern die Ordnung der Dinge wird beibehalten. Dadurch entsteht das, was man im Sinne des Wassermannes das Prinzip der Gleichheit, der Vereinheitlichung aller Lebewesen nennt.

 

 

Die Vereinheitlichung allen Lebens kann unmöglich dazu führen, dass das Leben an sich geopfert wird. Oder im Sinne einer Verunsicherung, also einer Destabilisierung, dass das Leben in diesem Sinne nicht mehr existieren kann. Die Gleichheit ist ein wassermännisches Prinzip, das aber auch Festigkeit und Stabilität beinhaltet. Aber nicht mehr das Prinzip der Hierarchie. Diesen Unterschied zu machen ist sehr wichtig, denn ohne diesen Unterschied zu kennen, wird es Ihnen später wahrscheinlich kaum möglich sein, einen stark Wassermann-betonten Menschen - und die Wassermann-betonten Menschen sind oft relativ widersprüchlich und schwer zu kalkulieren - wirklich zu verstehen.

 

Abgeleitet aus dem Prinzip der Entpolarisierung, was letzten Endes wirklich der Kernoberbegriff für den Wassermann ist, haben wir gesagt, dass es eine Bewegung gibt, die beschrieben werden kann als ein sich Entfernen vom Leben. Diese Formulierung können wir auf vielfältigste Art und Weise umformulieren und trotzdem genau beim entsprechenden Inhalt bleiben, um uns einige weitere Gedankengänge zu erschließen. Entfernung vom Leben kann auch so verstanden werden, dass dem Leben - und zwar jetzt konkreter gesagt, in ungeborenem Zustand des Kindes im Mutterleib - möglicherweise eine Gefahr droht. Insofern das die Umwelt versucht, das Leben im Sinne des ungeborenen Kindes im Mutterleib zu entfernen. Das hört sich jetzt relativ gespreizt an, bedeutet aber schlicht und einfach, dass ein Wassermann-betonter Mensch eine Erfahrung gemacht hat, die einer vorgeburtlichen Bedrohung seines Lebens gleichkommt.

 

Das entspricht auch einem grundsätzlichen Problem, das ein Wassermann-betonter Mensch hat, nämlich dem der seelischen Unberührbarkeit beziehungsweise der emotionalen Distanziertheit. Denn wenn ein solches Ereignis - über das wir uns an späterer Stelle des Kurses bei den astrologischen Konstellationen noch unterhalten werden – wenn eine solche vorgeburtliche Lebensbedrohung geschehen ist, dann muss das auch bedeuten, dass sich das Kind unbewusst im Mutterleib versucht, dagegen zu wehren. Das bedeutet, es entsteht aufgrund dieser Lebensbedrohung eine Weigerung zu empfinden. Denn so etwas möchte man nicht erleben, beziehungsweise empfinden.

 

Aufgrund dieser Weigerung zu empfinden, entsteht die innere unbewusste Haltung der seelischen Unberührbarkeit. Wer unberührbar ist, empfindet nichts, weil er nicht berührt werden kann. Wer weit auf Distanz zum Leben ist, ist vom Leben entfernt. Mit dieser Wortspielerei, die aber nicht um ihrer selbst Willen gemacht wird, wird es erklärbar, dass Entfernung vom Leben im Sinne von Distanz oder Distanziertheit auch nach aller Erfahrung bedeutet, dass eine vorgeburtliche Lebensbedrohung bei einem Wassermann-betonten Menschen mehr oder weniger heftig stattgefunden hat. In welcher Form das alles geschehen ist und was das für weitere Konsequenzen hat, kann jetzt wegen der Komplexität der Zusammenhänge nicht erläutert werden. Aber selbstverständlich wird es innerhalb des Kurses an der entsprechenden Stelle noch eindeutig besprochen werden - wie alles andere auch, was jetzt noch nicht zur Sprache kommen kann.

 

 

Das Grundproblem des wassermännischen Menschen ist die innere Unberührbarkeit. Ich sage manchmal auch, das ist ein Mensch, der hat „seelische Öffnungszeiten“ - zwei Stunden am Tag wird die Jalousie hochgezogen und dann ist die Seele sozusagen zu einem vorsichtigen Dialog mit der Umwelt, mit dem Milieu, in dem sie sich befindet, bereit. Aber sowie jemand zu nah an die Scheibe kommt, wird die Jalousie sofort wieder heruntergelassen. Das heißt dann wieder Distanz. Wenn die Distanz von anderen nicht respektiert wird, dann stellt der wassermännische Mensch diese Distanz unbewusst aus sich selber heraus automatisch selbst her.

 

Wenn er jetzt allerdings aufgrund von einer extremen Überbetonung des Wassermännischen übertreibt, dann wird er ein Mensch sein, der letzten Endes in der Vereinzelung lebt. Jemand der kaum soziale Kontakte hat im Sinne der Distanziertheit zu allen anderen Menschen. Das wiederum muss bedeuten, dass er in schwersten Fällen langsam aber sicher in die Isolation abgleitet. Und alles das wird begleitet von extremen Bindungsängsten. Denn Bindung an andere Menschen, beziehungsweise Bindung an das Leben - die Urangst des Wassermännischen - das ist etwas, was sich den wassermännischen Typ total unfrei fühlen lässt.

 

Unfreiheit, auch im Sinne des entsprechenden Bildes aus dem Tierreich - man denke an den fliegenden Vogel, also nicht an den Vogel im Käfig, sondern an den fliegenden Vogel - Unfreiheit ist sozusagen dasjenige Lebensmerkmal oder diejenige Lebenssituation, die der Wassermann und der Uranus am allerwenigsten verkraften können. Insofern sage ich manchmal: selbst eine Woche Gefängnis, die für einen Stier beispielsweise überhaupt kein Problem ist, ist für den Wassermann schon dramatisch. Ein Stier kann mehr oder weniger zehn Jahre im Gefängnis relativ gut absitzen, weil er sich im Kern seines Wesens eh nicht besonders bewegt. Für einen Wassermann ist aber ein Tag im Grunde genommen schon zu viel.

 

Es gibt beispielsweise Erzählungen über bestimmte Nomaden-Stämme in Afrika, in Asien, in der Mongolei… dass wenn ein Stammesmitglied aufgrund irgendwelcher Vorkommnisse auch nur für eine kurze Zeit eingesperrt wurde - vielleicht weil er geklaut hat und in einer Polizeistation ins Gefängnis musste - dann ist es schon sehr häufig vorgekommen, dass am nächsten Morgen dieser Mensch tot war. Der lag tot in seiner Zelle. Nicht aufgrund von Fremdeinwirkung, wie man so gespreizt sagt, sondern einfach aufgrund der Tatsache, dass er in sich ein extremes Wassermann-Potenzial trägt – das Prinzip der Nomaden - und das eine Situation, in der eine Tür verschlossen wird oder ein Gitter an dem Fenster ist, im Grunde genommen gleichbedeutend mit Tod ist.

 

 

Ein solcher Mensch mit extremer Wassermann-Betonung kann ein gebunden-sein an andere Menschen oder an das Leben an sich nicht ertragen. Der hat die Urangst vor Bindung, der hat das Grundproblem der Bindungsängste. Und damit ist der Wassermann, vor allen Dingen seelisch gesehen, zwischenmenschlich überhaupt nicht belastbar und neigt dazu, entsprechenden zwischenmenschlichen Problemen, insbesondere wenn sie seelischer Art sind - Stichwort Liebesbeziehungen - aus dem Weg zu gehen. Ein Wassermann dreht sich in der Regel auf der Hacke um, läuft aus dem Zimmer raus und bleibt die Antwort schuldig.

 

Der große Gegenspieler im Tierkreis, der Gegenspieler vom Uranus, ist der Pluto. Beziehungsweise auf der Zeichenebene ist der große Gegenspieler des Wassermanns der Skorpion. Sie werden eventuell bereits festgestellt haben - im Laufe Ihrer zunehmenden astrologischen Erfahrung werden Sie es mit Sicherheit feststellen - das wenn eine starke Pluto-Betonung oder eine Skorpion-Betonung in einem Horoskop ist, gleichzeitig auch immer eine starke uranische Betonung oder wassermännische Betonung im Horoskop vorhanden ist. Das ist ein innerer Ausgleich, der in jedem Horoskop enthalten ist. Der Pluto wird über den Uranus ausgehebelt und der Uranus wird über den Pluto ausgehebelt, sodass wieder eine gewisse Neutralität und ein inneres strukturelles Gleichgewicht im Horoskop vorhanden ist. Dass der Mensch, der ein solches Horoskop hat, derartige Ausgleichsversuche des Schicksals als äußerst anstrengend empfindet, das ist etwas anderes. Aber das subjektive Empfinden eines Menschen zu sich selber hat im Prinzip erst mal nichts mit der eigentlichen Anlagenstruktur zu tun, die in diesem Sinne immer ausgeglichen und gerecht und im Lot ist.

 

Das andere große Gegensatzpaar wird dann der Saturn und der Neptun sein - beziehungsweise der Steinbock und das Fische-Prinzip. Diese beiden Prinzipien sind auch in einem Horoskop, wenn das eine oder das andere jeweils ausgeprägt ist, ganz stark aufeinander bezogen. Uranus und Pluto, und Saturn und Neptun – und jeweils umgekehrt – bilden immer ein großes Gegensatzpaar, das in der Lage ist, ein Horoskop in ein inneres Gleichgewicht zu bringen. Also für den Wassermann ist der große Gegenspieler der Skorpion. Und wenn man so will, kann man den Wassermann auch dadurch erklären, indem man sagt, der Wassermann ist alles das, was der Skorpion auf keinen Fall ist. So einfach könnte man es sich eigentlich machen. Und das ist nicht falsch. Auf der anderen Seite kann man selbstverständlich sagen, der Skorpion ist alles das, was der Wassermann nicht ist. Oder er kann alles, was der Wassermann nicht kann.

 

Der Wassermann ist einerseits – das sollte Sie nicht enttäuschen, sondern eher in einer tiefen Form zufriedenstellen – wie auch schon der Steinbock und der folgende Fisch im Sinne der Repräsentanten des vierten Quadranten sehr leicht erklärbar. Man kann sagen, verbal nimmt es nicht sehr viel Zeit in Anspruch, das Kernprinzip oder die Leitbilder oder die Urängste oder die Grundprobleme der Prinzipien des vierten Quadranten zu erklären. Auf der anderen Seite ist es aber so, dass Ihr inneres menschliches Verständnis dieser drei Prinzipien des vierten Quadranten in der Regel Jahre braucht, um wirklich zu wachsen.

 

 

Ich möchte Ihnen jetzt auf keinen Fall den Mut nehmen, sondern eher Mut machen. Insofern das Sie sich weitergehend mit Astrologie beschäftigen, um den verborgenen Geheimnissen des vierten Quadranten im Sinne der Repräsentanten von Saturn, Uranus und Neptun auf die Spur zu kommen. Es ist mir natürlich unmöglich, Ihnen die entsprechenden Erfahrungen vorweg zu nehmen, beziehungsweise nützen Ihnen meine Erfahrungen nichts, die ich im beruflichen Sinne als Astrologe mit dem vierten Quadranten habe. Die müssen Sie selber machen. Und ich würde Sie auffordern und bitten und hoffen, dass Sie sich dafür viel Zeit nehmen. Das Sie sich nicht irritieren lassen von der relativen Schlichtheit der Beschreibung von Kernprinzipien, von Leitbildern oder von Ängsten, die für den Saturn, den Uranus und den Neptun gelten.

 

Ich fasse an der Stelle das Wassermann-Prinzip zusammen: Es geht hier letzten Endes um die Antwort auf den Saturn, auf das Steinbock-Prinzip. Das heißt es geht um die Entpolarisierung, die nichts anderes darstellt als das Aufheben der Gegensätze, also die Vernichtung der Hierarchie im Leben. Das ist im Sinne des Wassermannes eine höhere Form von Gerechtigkeit, als die Gerechtigkeit, die der Saturn durch die Reduzierung aufs Wesentliche hergestellt hat. Die Dinge werden im vierten Quadranten einer gerechten Ordnung zugeführt. Und jedes einzelne Tierkreisprinzip hat dort seine Aufgabe. Die Gerechtigkeit des Saturns ist eine andere Gerechtigkeit als die des Uranischen.

 

Die uranische Gerechtigkeit besteht darin, dass die Hierarchie, das Oben und Unten aufgehoben worden ist. Im politischen Sinne würde man sagen, dass das Zeitalter des Absolutismus, in dem es oben einen König gab und ansonsten im Grunde genommen nur Bürger, Leibeigene, dass diese Struktur aufgehoben worden ist. Stichwort Französische Revolution, Beginn der sogenannten Demokratie. Aber das Prinzip des Wassermanns ist natürlich auch heute noch enthalten. In weiten Teilen der Welt ist Absolutismus, und dafür steht Saturn im negativen Sinne durchaus auch, immer noch Gang und Gäbe.

 

Letzten Endes gibt es keinen Lebensbereich, in dem es Hierarchie nicht gibt. Und insofern kann man beziehungsweise muss man davon ausgehen, dass Saturn und Uranus sich ständig darum streiten, in welcher Form die Welt geordnet oder gerecht aufgeteilt werden soll. Wenn es nach Uranus geht, dann gibt es Hierarchie nicht mehr, es gibt nicht mehr oben und unten, sondern alle Dinge liegen in einer gleichberechtigten Form nebeneinander. Alles ist gleich. Aber man weiß natürlich auch, dass das so nicht funktioniert, dass die Menschen eben halt letzten Endes nicht gleich sind. Und dass es daher - das ist sicherlich eine recht weise Schlussfolgerung - immer um eine Mischung zwischen den saturnischen und den uranischen Anteilen geht, um eine gerechte Welt zu kreieren.

 

 

Das Prinzip der Gleichheit, beziehungsweise der Vereinheitlichung aller Lebewesen führt dazu, dass die Gegensätze verschwimmen. Das Prinzip der Gleichheit ist sozusagen das Resultat der Entpolarisierung. Wenn die Gegensätze verschwimmen, dann wissen wir, dass man auf Distanz zum Leben ist. Und Distanz bedeutet immer, die Dinge mit Überblick betrachten zu können -  quasi einen objektiven Standpunkt einnehmen zu können. Das Gegenteil davon ist der subjektive Zustand. Der subjektive Zustand bedeutet mehr oder weniger bildlich gesagt, dass man im Haus sitzt und das Haus selber von außen nicht kennt. Im Haus kennt man sich aus, aber wie das Haus außen aussieht und was um das Haus herum existiert – das weiß man nicht.

 

Insofern ist es ein großer Vorteil des Wassermann-Prinzips - und ich glaube, das Wassermännische hat deshalb auch viel mit der Astrologie zu tun - dass hier dem Menschen die Möglichkeit gegeben wird, weit, weit über seine normalen Möglichkeiten hinaus zu blicken. Und sich auch dorthin zu bewegen und dadurch eine Objektivierung seiner subjektiven Lebensform erreichen zu können. Das ist im Sinne des Überblicks eine Fähigkeit, die der Mensch zum Teil sehr, sehr dringend braucht.

 

Vor allen Dingen wir, die wir anderen in unserer astrologischen Arbeit versuchen zu helfen. Im Sinne von Beratung brauchen wir einen Überblick über das Leben des anderen. Denn der andere, der zu uns kommt, hat genau diesen Überblick in der Regel verloren. Denn das Auftauchen von Problemen ist fast immer dadurch gekennzeichnet, dass man den Überblick über die gesamten Zusammenhänge vollkommen verloren hat. Und wenn der Astrologe nicht in der Lage ist, den Überblick zu haben – ja wer denn dann?

 

Das heißt der Astrologe, der keinen Überblick hätte, könnte nicht helfen. Wie man den Überblick im Genaueren bekommt, werden wir im Laufe des Kurses natürlich noch genauer lernen. Ein Problem zu haben bedeutet in der Regel, den Überblick über mein Leben verloren zu haben. Und insofern ist die Fähigkeit, den Überblick zu bekommen, zu haben oder auch zu wahren, eine ganz wesentliche Fähigkeit, die man versuchen muss, sich im Rahmen seiner Möglichkeiten zu erarbeiten, wenn man astrologisch tätig sein will.

 

Insofern werden wir in der kommenden Lektion über die Fische noch einmal kurz über die beratende Tätigkeit innerhalb der Astrologie sprechen. Denn auch die Fische, beziehungsweise der Planet Neptun, haben aus meiner Sicht relativ viel mit Beratungssituationen zu tun. Allerdings nicht im Sinne von Überblick, sondern eher im Sinne eines entsprechenden Einfühlungsvermögens - was aber nicht im Sinne des seelischen Einfühlungsvermögens gemeint ist. Jeder Mensch braucht ein bestimmtes Einfühlungsvermögen - oder man könnte etwas vereinfacht sagen, braucht eine gewisse Portion von Intuition - um große Zusammenhänge im Leben eines Menschen in bildlicher Form im Horoskop erkennen zu können. Diese Fähigkeit der Intuition hat in einem gewissen Umfang mit dem Neptunischen zu tun.

 

 

Das gilt natürlich immer nur im Maßstab eines jeweils einzelnen Menschen. Denn wir können nicht davon ausgehen, dass alle Menschen, und natürlich auch nicht die Astrologen, alle gleich sind oder ein gehöriges Maß an Neptun oder Uranus in ihrem Horoskop haben. Aber innerhalb der Möglichkeiten, die man im eigenen Horoskop hat, sollte man schon versuchen, das Uranische und Neptunische ziemlich ausgeprägt zu entwickeln, um eine gute, das heißt effektive und hilfreiche Arbeit astrologisch leisten zu können.

 

Nun möchte ich noch einmal die Aufforderung wiederholen, sich die Kürze und die Einfachheit der Ausführungen in Bezug auf die Tierkreisprinzipien des vierten Quadranten insofern zu Herzen zu nehmen, als sie mit den wenigen Merkmalen, die hier beschrieben werden können – mehr wäre einfach nur dummes Gerede – dass Sie da versuchen, in die Tiefe zu gehen. Dass Sie schon jetzt versuchen, den tieferen Sinn dessen, was wir zum Beispiel beim Wassermann unter Entpolarisierung verstehen, dass Sie versuchen, diesen tieferen Sinn zu erahnen. Das wird Ihnen später mit absoluter Sicherheit sehr zugute kommen, wenn Sie sich so früh wie möglich mit diesen vermeintlich wenigen Merkmalen, die den vierten Quadranten verbal auszeichnen können, beschäftigen. Und wenn Sie versuchen, aus dem Wenigen so viel wie möglich inhaltlich herauszuholen.

 

Zusammenfassung in Stichworten

 

Kernprinzip:

Entpolarisierung = Aufhebung von Gegensätzen (in der dualen Welt). Entfernung vom Leben = Distanz = psychologisch: Fluchtmechanismen. Vernichtung der Hierarchie unter Beibehaltung der Ordnung = Prinzip der Gleichheit (Vereinheitlichung) aller Lebewesen = Entsubjektivierung = Objektivierung.

 

Leit-Bild:

Natur: der Wind, Wolken. Tier: der fliegende Vogel, das nicht domestizierte Tier. Mensch: der Vereinzelte

 

Ur-Angst:

vor Bindung, vor dem Leben

 

Grund-Problem:

Seelische Unberührbarkeit (Distanziertheit) = Weigerung zu empfinden aufgrund vorgeburtlicher Lebensbedrohung. Soziale Vereinzelung führt zu Vorformen der Isolation. Bindungsängste. Sagt immer: Egal...

 

Mythologie:

Ganymed ist ein schöner Jüngling, den Zeus sehr begehrt. Zeus macht ihn zum Mundschenk der Götter, um ihn gefügig zu machen. Zeus verkleidet sich als Adler und entführt Ganymed in den Himmel. Hier spiegelt sich die Androgynität des Neuen Menschen wider. Die Anspielung auf die Homosexualität im Mythos ist ein Hinweis auf die mögliche Doppelgeschlechtlichkeit bzw. Geschlechtslosigkeit des Menschen. Dadurch wird die Einheit hinter dem Polaritätsprinzip sichtbar.

 

Baustein 11:

Das 11. Lebensprinzip ist die 2. Stufe der Entstehung des Wirklichen im 4. Quadranten. Es ermöglicht allen Wesen, die Ordnungen des Höheren, also auch die damit verbundenen Strukturen zu überwinden. Dadurch enthebt sich der Mensch aus der Polarität und Dualität. Es entsteht der entpolarisierte Weg in die Einheit allen Seins. Doch der Weg ist noch nicht das Ziel!